Friedrich Hollaender - Stroganoff
Dez 2010
08
Dieses ungewöhnliche Gericht ’Würstchen Stroganoff’ war eines jener geheimnisvollen Gerichte meiner Kindheit, die mir auch heute noch das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Ach, ein Gedicht von einem Gericht! Und es schmeckte nie so gut als wie zuhaus! Ich glaube, mit seinem Klang nach fernem Osten, regte es schon früh meine spätere Reiselust an...! Erst später erfuhr ich die eigentliche Herkunft, demzufolge wir heute einen Leckerbissen via Liedtext zum Besten geben.
» Stroganoff, ein Großfürst einst am Zarenhof, - wo sonst - war ein eifersüchtger Gatte, der in Omsk gleich bei Imsk um die Ecke rum von Umsk ein Großes Gut - was für’n Gut? - so ein Gut - na, schon Gut - kurz und Gut, ein Gut von tausend Seelen hatte. - Wieso Seelen? - Lassen Sie mich erzählen, das ist russisch, echt russisch. Jeder Russe, der hat Seelen. Was weiß ich. Hei, hei. « |
» Und auf dem Gut, seinem Gut, da in Omsk gleich bei Imsk um die Ecke rum von Umsk lebte auch seine schöne Frau. Wo sonst? Und daß sie schön war wußte er und außerdem noch Piotzkoroff und Krotzkuloff und Rotzkuloff und Schutzkinoff und Schrutzkinoff und ganz besonders Schmutschkinoff. Ziemlich viele wußten dieses ziemlich gut von dem Gut. - Ist das gut? - Gar nicht gut, aber echt russisch. Hei, hei. « |
( Ballett ) | |
» Stroganoff hat viel zu tun am Zarenhof. - Wo sonst. - Und zuhaus bleibt seine Schuschka, bleibt in Omsk gleich bei Imsk nicht nur vierzehn Werst von Umsk. Nicht viel los da in Omsk, nicht in Imsk und nicht in Umsk. Ganzen Tag liegt sie im Bett, das arme Mütterchen. - Wieso Mütterchen? - Fragen Sie Tolstoi. Das ist russisch, echt russisch. Jeder Russe ist ein Mütterchen. Was weiß ich. Hei, hei. « |
» Doch auf dem Gut, dem Nachbargut nicht in Omsk, und nicht in Umsk, bischen weiter weg in Imsk lebt besagter Schmutschkinoff ein Schwein. Und eines Tages spannte er vor seinen Schlitten die schwarze Stute Schdrasnucha, die braune Stute Schrasnucha und Lasnucha und Jasnucha und vorneweg noch Krasnucha und er knallte mit der Peitsche und fuhr stracks zu schönen Schuschka auf das Gut. - Ist das gut? - Gar nicht gut, aber echt russisch. Hei, hei. « |
( Ballett ) |
» Ach, leider genügt nicht, daß über dem Skandalski ich mit Diskretionski den Vorhang lasse fallski, denn unvermutet stand in der Tür Stroganoff und aus dem Bett sprang der Liebhaber in hohem Boganoff. Oi, oioi, oi, oi. « |
» “Antworte, Hund verfluchter, bis ich bis drei zähle. Nahmst du nur ihren Körper oder nahmst du auch ihre Seele?“ Und hätte er gesagt “Nur den Körper, Väterchen Stroganoff.“, wär nicht passiert, was jetzt passiert ist Väterchen Schmutschkinoff. Oi, oi oi, oi, oi. « |
(...) | |
» Tags darauf sitzt Stroganoff im Kaffeehaus. - Wo sonst. - Und es fragen ihn die Freunde, “Was war los bei dir in Omsk? Man hat dich schreien gehört bis Imsk. Einer sagt sogar bis Umsk. Und man spricht, daß deine Schuschka hat gemacht mit deinem Freund ein bischen Schmuschka.“ “Bischen hätt’ ich noch verziehen. Das ist russisch, echt russisch. Aber die Vertraulichkeit geht zu weit. Tut mir leid. « |
» Heda, Wirt, bring mir ein Filet, aber roh, Größe: so. Und dazu ein großes Messer. Kann ich zeig’n mein’n Freunden besser mit Messer, was ich gemacht mit Schmutschkinoff.“ Und mit dem Messer, hei, juche, sticht Stroganoff in das Filet. Und kreuz und quer und hin und her, sieht gar nicht wie Filet aus mehr. Ohne Lücke haut er es in tausend Stücke voller Wut. Ist das gut? - Das ist gut und so echt russisch. Hei, hei. « |
» Kein Ballett jetzt, kein Ballett jetzt. Stört das Szenium kollosal. Nein, ich will hier kein Ballett jetzt, Himmel, Sakrament nochmal. « | |
» Stroganoff winkt gnädig jetzt den Küchenchef zu sich. “Hier, mein Freund, mit Dank zurück das geborgte Lendenstück, das im Zweikampf wie ein Held den Ehebrecher dargestellt. Aber jetzt trag’s in die Küche. Du kannst gut seh’n Väterchen, Ich kann kein Blut sehn.“ Koch in Tränen schreit, oh je, wer wird essen das Haschee? Ist zerhackter Schmutschkinoff, aber kein Filet. « |
» Ganz zerstückelt liegts im Topf. Küchenbub mit rotem Kopf fragt, was soll damit geschehn? Was soll ich hinein tun noch, Väterchen Koch? - Von mir aus, was du willst, tu rein. Frißt doch kein Schwein. Ob saure Sahne, Zwiebelring, ob Paprika, ob Pfefferling. Doch als man’s auf das Feuer tut, jeder fragt, was riecht so gut? Alle Gäste kosten, reiben sich den Bauch, ha ha ha. Will ich auch, ha ha ha. Tu mir eins schmoren. « |
(Ballett) | |
So wurde Glanzstück von Suppè, wurde größtes Frikasse, wurde Stroganofffilet geboren. Hei, hei. |
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