Ich befand mich in jenem eigentümlichen Zustand zwischen den Welten, den Kopf durchzuckender Blitze von Gedanken, Fetzen die nicht greifbar, an dem Ort wo das Bratbrot dem Fett überlassen und die Welt einen kurzen Moment innehält, zwischen Wahnsinn, Irrsinn und Wahrheit. Es ist wie eine fortgesetzte blaue Stunde, treibend, innehaltend, unbestimmbar, richtunglos.
Man ist versucht den Atem anzuhalten um dem wackeligen Gefährt nicht eine unumkehrbare Richtung vorzugeben, es aus dem labilen, wolkig wabernden Gleichgewicht zu stoßen. Doch unweigerlich vergilbt die Blaupause nach Stunden des Dahintreibens, schlaff hängt ihr Segel, eine entsetzliche Leere zurücklassend.
Da könnte ein herzhaftes Gericht die treibende Seele sehr wohl wieder ins Lot bringen, wenn mit Liebe gekocht. Einen sanft aber bestimmt auf den Boden setzend, zwischen dem Past der Pasta, dem Perfekt des Grünkerns und dem Futurikum der Rotweinsoße.
Wenn man älter wird, so macht man sich zuweilen Gedanken philosophischer Natur, die in unmittelbaren Zusammenhang mit den jahreszeitlichen, kulturellen oder politischen Strömungen der aktuellen Zeit stehen mögen. Man stolpert eines Morgens über diesen oder jenen Satz, sieht ein Bild, festigt und verwirft oder überprüft Standpunkte.
Es gibt ein Aquarellbild von Paul Klee, ein Portrait eines Engels, mit dem schönen Namen: Angelus Novus. Kurz vor seinem Tod schrieb Walter Benjamin in
Theses on the Philosophy of History - Über den Begriff der Geschichte:
Es gibt ein Bild von Klee, das Angelus Novus heißt. Ein Engel ist darauf dargestellt, der aussieht, als wäre er im Begriff, sich von etwas zu entfernen, worauf er starrt. Seine Augen sind aufgerissen, sein Mund steht offen und seine Flügel sind ausgespannt. Der Engel der Geschichte muss so aussehen. Er hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht er eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudert. Er möchte wohl verweilen, die Toten wecken und das Zerschlagene zusammenfügen. Aber ein Sturm weht vom Paradiese her, der sich in seinen Flügeln verfangen hat und so stark ist, dass der Engel sie nicht mehr schließen kann. Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser Sturm.
Allerdings nimmt dieser Fortschritt in der heutigen Zeit Ausmaße an, die schon Manchen zur Flucht vor dieser Art Sturm veranlassen. Das Forum auf
heise.online, jenem kleinen IT Verlag in der norddeutschen Tiefebene, der sich mit penetranter Hartnäckigkeit immer wieder dem Thema der zunehmenden und schleichenden Verschärfung der Befugnisse unserer Sicherheitsbehörden widmet, ja dieses Forum schreit förmlich davon, dass hier Grenzlinien überschritten werden, die aus bisher Unbescholtenen mit ihren kleinen privaten Geheimnissen potentielle Dunkelmänner, Ausspionierte, ja quasi generell Verdächtige machen.
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